Stellungnahme des Vorstands zur aktuellen Diskussion um Lärm durch Motorräder und die daraus resultierenden Maßnahmen wie zum Beispiel Streckensperrungen

Wir vom BMW GS Club International e.V. sind von diesem Thema ebenso betroffen wie beteiligt. An dieser Stelle möchten wir uns zu dem Problem „Lärm durch Motorräder“ positionieren. Es ist eine Diskussion, in die sich alle Motorradfahrer, Motorrad- und Zubehörhersteller, Genehmigungs- und Zulassungsbehörden, Verkehrsüberwachung und natürlich die Politik einbringen sollten. Die Politik hat Vorschläge, die für uns Motorradfahrer absolut inakzeptabel sind. Erste Sperrungen an Wochenenden gibt es bereits in Deutschland, und in Tirol sind schon einige Strecken für Motorräder mit einer im Fahrzeugschein ausgewiesenen Lautstärke über 95 db komplett gesperrt. Die große Resonanz der bundesweiten Demos vom letzten Samstag – alleine in München spricht die Polizei trotz Verbot von ca. 10.000 Teilnehmern – zeigt, dass wir Motorradfahrer uns nicht mit diesen Verboten und Sperrungen abfinden wollen. Die Diskussion sollte aus unserer Sicht sachlich und professionell geführt werden. Stammtischparolen oder stumpfer Populismus sind nicht zielführend.
Also geben wir einen kurzen Blick auf die Sachlage: die Anzahl von Motorrädern in Deutschland hat sich wie folgt entwickelt:

Im Jahr 1980 waren laut KBA 738.180 Krafträder angemeldet, aktuell sind über 4,5 Million Motorräder in Deutschland registriert und fahren auf deutschen Straßen (Quelle KBA[1]). 

Es fahren also im Vergleich zu 1990 heute mehr als dreimal so viele Motorräder. In der Schweiz übrigens sind die Zahlen sehr ähnlich. 
Damals war das Motorrad häufig eine günstige Alternative zum Auto als Fortbewegungsmittel. Heute fahren wir Motorrad in unserer Freizeit. 

Früher wurde das Motorrad typischerweise unter der Woche für den Weg zur Arbeit benutzt, während man heute vielmehr eher an Wochenenden oder Feiertagen unterwegs ist. Motorradfahren ist am schönsten, wenn wir an sonnigen Tagen auf möglichst kurvigen, landschaftlich reizvollen Landstraßen unterwegs sein können. Dabei spielt weder das Alter der Fahrer, die Art des Motorrads oder die Art zu fahren (laut oder leise, schnell oder eher gemütlich) eine Rolle. Motorradfahren ist ein Freizeitvergnügen geworden.

Speziell letzteres können wir Motorradfahrer deutlich beeinflussen. Wir entscheiden ob wir nach passieren des Ortsende-Schildes mit Vollgas beschleunigen. Es liegt an uns, ob wir beim Wechsel von Tempo 30 auf Tempo 50 kurz den Gashahn aufdrehen.

Die meisten von uns haben es doch auch bereits erlebt, wie es ist, an einer beliebten und belebten Straße, z. B. an einer Auffahrt zu einem Pass beim Kaffee oder Mittagessen im Freien zu sitzen. Es fahren eine Menge Motorräder in beiden Richtungen vorbei – die meisten „normal“. Wobei normal in diesem Fall bedeutet: mit „vermutlich“ vorgeschriebener Geschwindigkeit, in einem möglichst hohen Gang bei geringer Drehzahl und beim Beschleunigen kein Vollgas. Es mag sein, dass ein vorbeifahrendes Motorrad lauter wahrgenommen wird als ein Auto, das bedeutet aber nicht automatisch, dass das Geräusch störend wirkt, oder gar als Lärm bezeichnen werden kann. 

Dann gibt es einige Bikes die lauter sind, wahrscheinlich verursacht durch ein tatsächlich lauteres Motoren- und Auspuffgeräusch. Klar sind Harley`s prädestiniert dafür, aber auch der eine oder andere PS-starke Vierzylinder gehört dazu – die sind einfach lauter als andere Motorräder. Dieses Geräusch ist dann schon etwas nervig, vor allem wenn ständig solche Maschinen vorbeifahren. Wirklich störend sind aber die wenigen, die keine Rücksicht nehmen und einfach „durchbollern“ und mit Vollgas beschleunigen. Und das ist in der Tat Lärmbelästigung. Auch mit einer GS oder einer RNineT kann Krach gemacht werden, und zwar richtig. Sobald die Klappe am Auspuff aufgeht, macht auch der Boxer im Originalzustand sehr auf sich aufmerksam. Wie sagt Markus Schramm, Boss von BMW Motorrad: „Wir definieren den Sound von Motorrädern nicht über Lautstärke, sondern über Klangcharakter“. Das mag stimmen, ändert jedoch nichts daran, dass ein lauter Charakter dennoch laut ist.

Das gleiche gilt übrigens auch für Autos. Auch hier gibt es ab und an Fahrzeuge, die lärmend an einem vorbeifahren und dadurch richtig Krach machen. Und die werden in die momentane Diskussion nicht einbezogen.

Wer nun solch ein Erlebnis ab und zu hat, für den ist der Lärm möglicherweise akzeptabel. Ist man jedoch an so einem Stück Straße zuhause und erlebt das bei nahezu jedem schönen und freien Tag am Wochenende, ist die Belästigung durch Lärm vollkommen nachvollziehbar. Wie sagte ein Freund eines Vorstandsmitgliedes, der selbst Motorrad fährt und im Schwarzwald an solch einer beliebten Straße wohnt: in einer Stunde kamen gezählte 158 Motorräder vorbei. Davon die meisten in einer akzeptablen Lautstärke und Geschwindigkeit, aber eben nicht alle!

Was können wir also tun?

  1. Lärm beim Fahren vermeiden. Unsere Maschinen sind mehr oder weniger laut, machen Krach und verursachen Lärm! Dessen müssen wir uns bewusst sein! Wir sollten entsprechend verantwortlich und rücksichtsvoll damit umgehen. Der Gashahn sollte nur entfernt vom Ortsschild bzw. in unbewohntem Gelände aufgedreht werden. Auf einer einsamen Passstraße stört man höchstens Murmeltiere, Kühe oder andere Tiere, aber das ist ein anderes Thema. 
  2. Fahrspaß nicht durch Laustärke definieren. Wir sollten darauf verzichten die Bikes noch lauter zu machen, als sie bereits schon sind. Es gibt darüber hinaus auch Firmen[2], die haben sich darauf spezialisiert, die original Auspuffanlage geräuschärmer zu machen (für unsere GS gibt es wohl aktuell noch keine zufriedenstellende Lösung).
  3. Eindeutigere Richtlinien. Die bestehenden Vorgaben auf EU-Ebene müssen präzisiert werden und sind enger zu fassen. Die aktuellen Vorgaben geben den Herstellern zu viel Freiraum, da sie außerhalb der bestehenden Vorschriften mehr oder weniger machen können was sie wollen. 
  4. Hersteller in die Pflicht nehmen. Mit einer präziseren Vorgabe über die zulässigen Lärmemissionen in einem größeren Drehzahl- und Geschwindigkeitsbereich wären die Hersteller gezwungen ihre aktuelle Steuerung zu verändern und damit möglicherweise auch zukünftig auf eine Abgasklappe zu verzichten. Die vom Bundesrat ins Spiel gebrachten 80 db sind natürlich völlig illusorisch, aber jedes db weniger reduziert die empfundene Lautstärke.
  5. Kontrollieren. Wir sind der Meinung, dass es nur wenige Motorradfahrer sind, die richtig viel Lärm machen. Da es bisher jedoch keine belastbaren Messungen gibt, ist das eine subjektive Wahrnehmung. Vermutlich war auch jeder schon mal das eine oder andere Mal zu laut unterwegs. Der Klang eines Boxers, wenn man in einer schmalen Häusergasse mal kurz am Gasgriff dreht, ist schon sehr verführerisch. Also muss auf Basis der bestehenden Gesetze viel mehr kontrolliert werden. Vergehen sollten mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Weitere Optionen wie z.B. Tempo 50 weiter über die Ortsgrenze hinaus sollten diskutiert werden. Ob diese Maßnahmen allerdings Erfolg bringen ist zu bezweifeln. Jedoch sollte eine faire Diskussion auf allen Ebenen beginnen.

Die generelle Bestrafung oder Ausgrenzung von über 4,5 Mio Motorrad-fahrern ist in jedem Fall der falsche Ansatz. Das hilft keinem, auch nicht den Betroffenen, wenn eine Straße ganz oder auf Grund zu hoher db-Werte für bestimmte Motorräder gesperrt wird. Dann wird halt auf andere Straßen ausgewichen. Bei über 220.000 Kilometer[3] Bundes, Land- und Kreistrassen haben wir Motorradfahrer ja einige zu Auswahl.