Sicherheit ist für uns Motorradfahrer eine unverzichtbare Komponente unseres Sports. Nur wenige von uns wagen es noch, mit kurzen Hosen und Badelatschen das Bike zu besteigen und manche von diesen Zeitgenossen bezahlen dafür einen hohen Preis.
Der Einsatz von vernünftiger Schutzkleidung steht also heute nicht mehr zur Debatte. Dennoch ist jedes Plus an zusätzlicher Sicherheit willkommen. Sei es nun durch technische Entwicklungen am Bike (Kurven-ABS, LED Beleuchtung etc.) oder aber auch im Bereich der Schutzkleidung. Gerade im Bereich der Kleidung spielt natürlich auch der Komfort und die Praxiseignung eine ganz wesentliche Rolle. Denn die beste Schutzkleidung nutz nichts, wenn sie denn letztlich nicht getragen wird.
In den vergangenen Jahren wurde das Konzept des Airbags für Motorradfahrer von Seiten der Industrie stetig weiterentwickelt. Im PKW Bereich diskutiert heute niemand mehr über den Nutzen eines (oder mehrerer) Airbags. Der Airbag am Motorrad selbst ist nach meinem Kenntnisstand nur bei der Honda Goldwing käuflich zu erwerben. Für uns GS Fahrer daher keine echte Option.
Bleibt somit nur der Airbag direkt am Fahrer (und /oder Mitfahrer).
Ich selbst hatte mit der Jacke drei Auslösungen: 1x kurz nach dem Kauf beim Absteigen, die Gedanken waren schon wieder drei Schritte voraus und das Kabel noch nicht verinnerlicht. Das Lachen meiner mitfahrenden Clubkollegen klingt mir heute noch in den Ohren, denn eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Zeitgenossen war nicht zu leugnen.
Das zweite Mal hatte ich einen Rutscher in einer Kurve, das Hinterrad schmierte weg und die GS ebenso. Ich auf dem Allerwertesten hinterher. Die Auslösung war korrekt, aber auch ohne Airbag wäre nichts passiert.
Beim dritten Mal (ja – auch aller üblen Dinge sind manchmal drei) habe ich in Marokko einen perfekten Highsider hingelegt. Eigenes Unvermögen! Hier hat mir der Airbag vermutlich das Leben gerettet, denn trotz Luftpolster gab es 10 gebrochene Rippen, ein zertrümmertes Schulterblatt und auch mein linker Lungenflügel hat vor Freude Beifall geklatscht. Meine Vermutung ist, dass die Auslösung durch das lange Kabel verzögert kam (ich bin auf der GS gesessen) und daher beim Aufschlag der Airbag noch nicht voll entfaltet war. Aber ich möchte nicht wissen, wie die Sache ohne den Schutz ausgegangen wäre.
Soweit also meine persönlichen Erfahrungen mit der Funktion eines Airbags.
Nachdem meine Knochen wieder einigermaßen ihren Platz gefunden haben und die GS auch wieder fahrtüchtig war, musste natürlich ein Ersatz für die verschlissene Helite Jacke her, denn eines war für mich völlig klar: ohne den Schutz eines Airbags fährst Du keinen Meter!
Auf Grund der Erfahrungen kam ein mechanisch auslösendes System für mich nicht mehr in Frage und so machte ich mich unter Zuhilfenahme der allseits bekannten Suchmaschine aus Mountain View daran, einen Ersatz zu finden.
An dieser Stelle möchte ich nun einen tabellarischen Überblick über die heute verfügbaren (elektronischen) Systeme geben, die mechanisch auslösenden spare ich mir aus den genannten Gründen. Auch Systeme für Rennkombis unterschlage ich, für uns GS Fahrer in der Regel eh kein Thema.
Weste – kann unter jeder Textiljacke getragen werden
ca. 590 €
größter Airbag am Markt (Volumen), schützt auch im Nierenbereich
wurde auch von BMW lizensiert, wird jedoch aktuell von BMW nicht mehr angeboten
Tourenjacke Renevant pro Goretex mit integr. Airbag
ca. 900 €
größter Airbag am Markt (Volumen), schützt auch im Nierenbereich
wurde auch von BMW lizensiert, wird jedoch aktuell von BMW nicht mehr angeboten
Weste – kann unter jeder Textiljacke getragen werden
ca. 590 €
Dainese hat bereits im Jahr 2000 das erste Motorrad-Airbagsystem auf den Markt gebracht
Tourenjacke Carve-Master 2
Goretex D-Air mit integr. Airbag
ca. 950 €
Dainese hat bereits im Jahr 2000 das erste Motorrad-Airbagsystem auf den Markt gebracht
Weste, die in Held Anzüge integriert werden kann
ca. 300 €
Steuerelektronik:
In&Motion
Kosten: ca. 399 € bzw. 120 €/Jahr Miete
https://www.inemotion.com/de/motorrad/wie-funktioniert-das/
Weste zum Tragen über der normalen Schutzkleidung
ca. 670 €
optionales Sensorelement am Motorrad reduziert Auslösezeit von 60 ms auf 31 ms
Weste – kann unter jeder Textiljacke getragen werden
ca. 300 €
Steuerelektronik:
In&Motion
Kosten: ca. 399 € bzw. 120 €/Jahr Miete
https://www.inemotion.com/de/motorrad/wie-funktioniert-das/
Weste – kann unter jeder Textiljacke getragen werden
ca. 360 €
Steuerelektronik:
In&Motion
Kosten: ca. 399 € bzw. 120 €/Jahr Miete
https://www.inemotion.com/de/motorrad/wie-funktioniert-das/
Weste – kann unter jeder Textiljacke getragen werden
ca. 410 €
Steuerelektronik:
In&Motion
Kosten: ca. 399 € bzw. 120 €/Jahr Miete
https://www.inemotion.com/de/motorrad/wie-funktioniert-das/
Tourenjacke mit integriertem Airbag
ca. 700 €
Steuerelektronik:
In&Motion
Kosten: ca. 399 € bzw. 120 €/Jahr Miete
https://www.inemotion.com/de/motorrad/wie-funktioniert-das/
Betrachtet man die Tabelle, kann man drei verschiedene Konzepte erkennen:
Eine Bewertung der Funktionalität oder der jeweiligen spezifischen Schutzwirkung der einzelnen Produkte kann ich natürlich nicht vornehmen, hier mag sich jeder mit den Aussagen der Hersteller und der Fachpublikationen selbst beschäftigen.
Ich möchte den Blick auf einige andere Aspekte lenken, die in den Fachpublikationen bisher nicht erwähnt wurden:
Ihr habt nun sicherlich bereits erkannt, in welcher Richtung „mein Herz schlägt“ bzw. welches Konzept ich für das erfolgversprechendste halte. Meine Erfahrung im Markt von elektronischen Produkten sagt mir, dass einzig eine hohe Verkaufsstückzahl das langfristige Überleben sicherstellt. Natürlich können Alpinestar und Dainese ihre Produkte aus anderen Sparten querfinanzieren, die Frage ist nur, wie lange dies tatsächlich dann geschieht.
Helite ist für mich ein Sonderfall. Die haben langjährige Airbag-Erfahrung in der Reiterei und bei Motorradfahrern. Allerdings immer mit mechanischen Airbags. Außerdem mag nicht jeder die Optik der über der Schutzbekleidung getragenen Weste. Aber das ist Geschmacksache. Die Frage ist, ob Helite den Atem hat, die Entwicklung des elektronischen Airbags langfristig zu finanzieren. Ich kann’s nicht einschätzen…
Das Konzept von In&Motion erscheint mir persönlich am zukunftsträchtigsten, denn je mehr Ausrüstungshersteller auf diesen Zug aufspringen, desto mehr wird sich dieses System zu einem „Standard“ entwickeln und uns Kunden bei sinkenden Kosten die maximale Entscheidungsfreiheit geben.
Einen Nachteil dieser elektronischen Westen möchte ich jedoch nicht verschweigen: diese können alle nicht gewaschen werden! Wenn man also einen langen Sommer in die Weste schwitzt, bleibt am Ende nur entweder gaaaanz lange lüften oder ein Textilspray. Waschmaschine oder Handwäsche ist nicht möglich.
Auch dies spricht eigentlich für die Weste, denn bei den Jacken dürfte es sich nicht viel anders verhalten, jedenfalls habe ich bei keinem Hersteller einen entsprechenden Hinweis gefunden. Falls der Airbag bei den Jacken jedoch entnehmbar ist (so war das bei meiner Helite Jacke), kann diese natürlich entsprechend den Empfehlungen der Hersteller gewaschen werden. Dies gilt es aber dann am Besten im Fachhandel nachzufragen.
Ich selbst habe mir im Frühjahr 2019 die Ixon-Weste gekauft (mittlerweile durch KLIM Weste ersetzt) und kombiniere diese mit einer Stadler-Tourenjacke. Bisher bin ich sehr zufrieden und werde mir in Zukunft noch die Jacke von RST ansehen, man will ja nicht jeden Tag das Gleiche anziehen :-)).
Nachtrag: auch die RST Jacke nenne ich mein Eigen und nutze diese je nach Laune und Wetter.
Ich hatte mir damals auch die Jacken von Alpinestar und Dainese angesehen, diese sind jedoch eher nicht für ausgewachsene Teutonen geschnitten bzw. in den entsprechenden Größen verfügbar, da hat’s an allen Ecken gezwickt. Schlankere Menschen als ich einer bin können aber damit durchaus glücklich werden.
Aus meiner Sicht gibt es mittlerweile wenig bis keine Argumente mehr, die gegen das Tragen einer Airbagweste (oder Jacke) sprechen. Natürlich bieten diese Airbag Westen realistisch nur ein Schutz im Geschwindigkeitsbereich bis ca. 50km/h. Wer mit 200 Sachen gegen ein stehendes Hindernis rauscht, der braucht keinen Airbag mehr. Wenn aber schon die Profis auf der Rennstrecke nur noch mit Airbag fahren, sollten auch wir uns das zum Vorbild nehmen.
Dies alles ist meine ganz persönliche Einschätzung, sollte ich etwas übersehen oder Unsinn geschrieben haben, Feedback gerne an peterk@bmw-gs-club.com.
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